Mehr als 130 Zentralbanken weltweit planen aktuell die Einführung von digitalen Zentralbankwährungen (CBDC). Diese eigenen digitalen Währungen, oft auf Blockchain-Technologie basierend, sind kein Ersatz für dezentrale Kryptowährungen wie Bitcoin, sondern ein digitaler Gegenpart zum physischen Bargeld. Die Europäische Zentralbank (EZB) treibt das Digital-Euro-Projekt voran, während China den Digital-Yuan bereits im großen Stil testet. Für Anleger bedeutet dies eine fundamentale Veränderung des Geldsystems.
Die Notenbanken argumentieren mit Finanzstabilität und effizienteren Zahlungssystemen. Ein Digitaler Euro könnte grenzüberschreitende Transaktionen beschleunigen und Kosten senken. Die Technologie ermöglicht Tokenisierung, bei der Vermögenswerte direkt auf der Plattform abgebildet werden können. Die Kehrseite ist die totale Transparenz: Jede Transaktion wäre für die Zentralbank nachvollziehbar, was die Privatsphäre fundamental infrage stellt. Die Regulierung steht hier vor der Aufgabe, einen Ausgleich zwischen Kontrolle und Freiheit zu finden.
Für den deutschen Markt ist die Entwicklung der Zentralbank-Digitalwährungen entscheidend. Investoren müssen verstehen, dass CBDCs das bestehende Bankensystem verändern werden. Die Frage ist nicht ob, sondern wann und wie diese digitalen Währungen eingeführt werden. Diese Einführung wird die Art, wie wir sparen, investieren und bezahlen, neu definieren. Die strategische Positionierung in diesem Übergang ist für das Portfoliomanagement von zentraler Bedeutung.
CBDC: Werden Zentralbanken eigene digitale Währungen ausgeben?
Ja, Zentralbanken werden eigene digitale Währungen ausgeben. Über 130 Notenbanken, darunter die EZB mit dem Digitalen Euro, planen oder testen bereits Projekte für Zentralbank-Digitalwährungen. Diese CBDCs sind keine Kryptowährungen wie Bitcoin, sondern die digitale Form von Zentralbankgeld, gestützt durch die jeweilige Zentralbank. Der primäre Antrieb ist die Kontrolle über die digitale Währungsebene zu behalten, die zunehmend von privaten Stablecoins und anderen digitalen Währungen besetzt wird.
Technologie und Regulierung: Mehr als nur Blockchain
Für die Infrastruktur evaluieren Zentralbanken verschiedene Modelle. Während einige eine reine Blockchain-Lösung anstreben, setzen andere auf hybride Systeme oder komplett zentralisierte Ledger. Die Tokenisierung von Vermögenswerten gilt als ein zentraler Use-Case, der durch CBDCs erleichtert werden könnte. Gleichzeitig stellt die Regulierung eine enorme Herausforderung dar. Die deutsche BaFin arbeitet an Rahmenbedingungen, die Finanzstabilität gewährleisten, ohne Innovation zu ersticken. Die Balance zwischen Transparenz und der Privatsphäre der Nutzer ist hierbei ein kritischer Punkt.
Auswirkungen auf Anleger und den Finanzsektor
Für Anleger ändert sich die Infrastruktur des Zahlungsverkehrs. CBDCs könnten den Ablauf von Wertpapiergeschäften durch die direkte Verbindung von Zahlung und Wertpapierlieferung (Delivery-versus-Payment) beschleunigen. Bargeld wird nicht vollständig verschwinden, aber seine Rolle wird sich verändern. Die größte strategische Frage für Notenbanken ist, ob sie eine retail-orientierte Digitalwährung für die breite Bevölkerung oder eine wholesale-CBDC für Finanzinstitute ausgeben. Beide Modelle haben tiefgreifende Konsequenzen für die Architektur des Bankensystems und die Geldpolitik.
Vorteile für Zahlungsverkehr
Nutzen Sie Zentralbankdigitalwährungen für grenzüberschreitende Transaktionen, um Abwicklungszeiten von Tagen auf Sekunden zu reduzieren und Korrespondenzbankgebühren zu umgehen. Die Europäische Zentralbank untersucht im CBDC-Projekt digitale Währungen für effizientere Target2-Systeme. Diese digitale Infrastruktur senkt Kosten für Exporteure und Importeure deutlich.
Programmierbares Geld und Tokenisierung
Die Tokenisierung von Assets auf einer Blockchain für CBDC ermöglicht automatisierte Zahlungsströme. Beispielsweise lassen sich Mietkautionen oder Firmenanteile als digitale Token abbilden. Ein direkter Zahlungsverkehr zwischen Maschinen im Internet of Things wird mit eigenen digitalen Zentralbankwährungen technisch machbar.
Für die Privatsphäre planen Notenbanken gestaffelte Modelle: Kleine Alltagszahlungen bleiben anonym vergleichbar mit Bargeld, während größere Transaktionen der Regulierung und Meldeauflagen unterliegen. Diese Balance schützt Verbraucher und unterstützt die Finanzstabilität.
Die Einführung digitaler Zentralbankwährungen verringert die Abhängigkeit von privaten Kryptowährungen für digitale Zahlungen. Staaten wie China testen bereits den digitalen Yuan im Handel. Die Zentralbanken werden diese Systeme schrittweise einführen, um den Zahlungsverkehr zu modernisieren und ihre geldpolitische Souveränität zu wahren.
Risiken für Privatsphäre
Setzen Sie auf eine technische und rechtliche Gestaltung von CBDC, die Datenschutz by Design integriert. Zentralbanken wie die EZB planen, die digitale Zentralbankwährung auf Basis einer Blockchain-ähnlichen Distributed-Ledger-Technologie (DLT) auszugeben. Jede Transaktion in dieser digitalen Währung könnte jedoch einen dauerhaften, unveränderlichen Datensatz erzeugen, der eine beispiellose finanzielle Bewegungsprofile der Bürger ermöglicht.
Transparenz der Blockchain vs. Anonymität von Bargeld
Im Gegensatz zu physischem Bargeld, das anonyme Transaktionen erlaubt, hinterlässt die Nutzung einer digitalen Zentralbankwährung zwangsläufig digitale Spuren. Die Zentralbank und möglicherweise beaufsichtigte Finanzinstitute könnten folgende Daten erfassen und analysieren:
- Den exakten Zeitpunkt und Betrag jeder Zahlung.
- Den Empfänger und den Zweck der Transaktion (durch Verknüpfung mit Kontoinformationen).
- Ihr gesamtes Zahlungsverhalten und Konsummuster über Monate oder Jahre.
Diese Datenfülle birgt erhebliche Risiken. Sie könnte für Zwecke der Regulierung oder zur Sicherung der Finanzstabilität genutzt werden, beispielsweise um die Geldmenge präzise zu steuern oder Wirtschaftskrisen vorzubeugen. Gleichzeitig öffnet sie Tür und Tor für eine umfassende Finanzüberwachung, die über das bisherige Maß bei Kontoauszügen weit hinausgeht.
Technische und regulatorische Schutzmaßnahmen
Notenbanken sind sich dieser Bedenken bewusst und erforschen technische Lösungen. Eine zentrale Frage ist die Ausgestaltung der digitalen Währung:
- Token-basierte CBDC: Diese könnte ähnlich wie Bargeld funktionieren, bei der der „Token“ selbst den Wert besitzt und offline übertragen werden kann. Dies würde die Privatsphäre stärken, stellt die Zentralbank aber vor technische Herausforderungen.
- Kontobasierte CBDC: Hier wäre die digitale Währung an ein bei der Zentralbank geführtes Konto gebunden, was die Überwachung vereinfacht, aber die Privatsphäre stark einschränkt.
Für Anleger und Bürger ist es entscheidend, auf folgende konkrete Punkte zu achten, die im Gesetzgebungsprozess zur Einführung einer solchen Kryptowährung festgelegt werden müssen:
- Klare gesetzliche Grenzen für die Datenerhebung und -speicherung durch die Notenbanken.
- Anonymitäts-Optionen für Kleinbeträge, analog zum Bargeld.
- Strenge Regelungen, wer auf die Transaktionsdaten zugreifen darf und nur nach richterlicher Anordnung.
- Deutliche Trennung zwischen der digitalen Zentralbankwährung und Programmen wie der Tokenisierung von Vermögenswerten, um eine Vermischung der Datenpools zu verhindern.
Auswirkungen auf Banken
Banken müssen ihre Geschäftsmodelle neu ausrichten, da die Einführung von Digitalwährungen der Zentralbanken das traditionelle Einlagen- und Kreditgeschäft fundamental verändert. Die direkte Haltung von digitalen Zentralbankwährungen durch Privatpersonen und Unternehmen bei der Zentralbank könnte zu einer Desintermediation führen, bei der Geschäftsbanken einen Teil ihrer günstigen Einlagenbasis verlieren. Dies zwingt Institute, sich stärker auf Dienstleistungen wie die Verwahrung von digitalen Assets, die Tokenisierung von Vermögenswerten oder die Bereitstellung von spezialisierten Finanzprodukten für die neue digitale Infrastruktur zu konzentrieren.
Die technologische Integration wird zur Kernaufgabe. Banken müssen ihre Systeme an die zugrundeliegende Blockchain oder Distributed-Ledger-Technologie der Zentralbank-Digitalwährungen anbinden. Investitionen in die Entwicklung von Schnittstellen für die Tokenisierung von Wertpapieren oder für automatisierte Smart Contracts sind notwendig, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Wer diese Entwicklung verschläft, riskiert, im Zahlungsverkehr und im Wertschriftenhandel an den Rand gedrängt zu werden.
Für die Finanzstabilität ergeben sich neue regulatorische Anforderungen. Notenbanken planen, die Zentralbankwährungen mit Obergrenzen für Einlagen zu versehen, um einen massenhaften Abfluss von Bankeinlagen zu verhindern. Banken müssen sich auf diese Regulierung einstellen und ihre Liquiditätsplanung entsprechend anpassen. Die Aufsicht wird die Stabilität des Gesamtsystems priorisieren, was zu strengeren Vorschriften für Banken führen kann, die mit Kryptowährungen und tokenisierten Assets handeln.

